Die Situation in Österreich

In Österreich ist der Anteil der Bürgermeisterinnen im Vergleich zu den drei anderen, am Projekt beteiligten Ländern am geringsten: lediglich 7,7 % der Rathäuser werden von Frauen geführt (Stand 2018). Das entspricht 146 Frauen – bei einer Gesamtzahl von 2.100 Gemeinden.

Auf den anderen politischen Ebenen ist Österreich jedoch deutlich weiter: in den Gemeinderäten liegt der Anteil bei 23 %, in den Landesparlamenten bei 32,5 %. Der höchste Anteil ist im aktuellen Nationalrat zu verzeichnen: immerhin 39,4 % der Parlamentarier*innen sind Frauen. Damit liegt Österreich über dem Durchschnitt der EU-Länder.

Warum sind die Frauen gerade in den kommunalen Führungspositionen in so geringer Anzahl vertreten?

Ehrenamt und Vereinbarkeit

Wie auch in den anderen Ländern spielt eine große Rolle, dass die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischem Amt für Frauen schwerer als für Männer zu realisieren ist. Ein Indiz dafür ist, dass der Altersdurchschnitt bei den weiblichen Bürgermeisterinnen deutlich höher als der ihrer männlichen Kollegen ist. In Österreich kommt jedoch erschwerend hinzu, dass die Funktion sehr stark als „Nebenamt“ begriffen wird, das im Prinzip zusätzlich zum Zivilberuf, „on top“, ausgeübt wird. 

Tatsächlich üben ca. 70 bis 80 % der männlichen Bürgermeister einen zivilen Beruf aus, so eine Befragung des Österreichischen Gemeindesbunds von 2016, welche die Situation erstmalig unter Gender-Aspekten analysiert hatte. Bei den Frauen sind es dagegen nur 54 %. Da sowohl das Gehalt als auch die soziale Absicherung nach Amtsverlust, z.B. die Anrechnung der Amtszeiten in Rente oder Pension, laut der Studie als unzureichend empfunden werden, muss man sich das Amt des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeisterin buchstäblich „leisten“ können. Dies gilt in finanzieller in zeitlicher Hinsicht. Denn, ob Haupt- oder Nebenamt: i.d.R. sind 30 Stunden pro Woche dafür zu veranschlagen. Vor allem in kleinen, ländlich geprägten, eher konservativen Gemeinden sind sicherlich auch traditionelle Vorstellungen über die Geschlechterrollen wirksam.

Netzwerke der Bürgermeisterinnen

Ein wichtiger Akteur ist der Österreichische Gemeindebund, der sich in den letzten Jahren verstärkt der Frage angenommen hat. Er organisiert mit und für die Bürgermeisterinnen seit einigen Jahren erfolgreiche Netzwerk-Treffen. Diese werden jährlich in einer Stadt bzw. Gemeinde von der Bürgermeisterin ausgerichtet und verbinden Information, Qualifizierung und informellen Austausch in einem mehrtägigen Programm. 

Einen wichtigen Baustein für künftige Anstrengungen bildet die gezielte Nachwuchsgewinnung. Immerhin gibt es rund 16 Prozent Vize-Bürgermeisterinnen. Diese über 300 Frauen stellen ein wichtiges Potenzial dar, das gezielt gefördert werden könnte. Dafür eignen sich u.a.  Mentoring-Programme, wie sie z.B. in Niederösterreich angeboten werden. Dort sind tatsächlich Fortschritte zu verzeichnen: So liegt der Frauenanteil bei über 10 % und ist damit der höchste von allen neun österreichischen Bundesländern.  

Aber auf längere Sicht werden sicherlich auch strukturelle Veränderungen und Reformen notwendig sein, um das Amt für Frauen – wie auch zunehmend für Männer – attraktiv zu machen bzw. so zu gestalten, dass es mit der Lebensrealität besser vereinbar ist und auch den gesellschaftlichen Veränderungen, wie dem Rollenwandel und der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen Rechnung trägt.

Im Gegensatz zu anderen Staaten gibt es in Österreich keine gesetzlich festgelegten Mindestanteile oder Reihungsangaben für die Erstellung der Wahlvorschläge (Listen).

Zahlen, Fakten, Informationen zum Weiterlesen

  • kommunalnet.at ist das größte Arbeits- und Informationsportal im Kommunalbereich in Österreich. Hier finden Sie auch viele Informationen über die politische Teilhabe von Frauen in Österreich.

  • Auf gemeindebund.at finden Sie Zahlen und Fakten über Bürgermeister*innen in Österreich.

  • Artikel zu Frauen in der Kommunalpolitik in Österreich: Anlässlich des Frauentags am 8. März wurde analysiert, wie stark Frauen in der Kommunalpolitik vertreten sind. Mit ernüchterndem Ergebnis: Österreichweit gibt es nur neun Prozent Bürgermeisterinnen.